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Terra icognita – das Digitale

Das Digitale konnte – es war nicht von Anfang an total digital – nur so lange unerkannt vor sich hinentstehen, weil es in seinem Kern den Computern keinen grossen analogen Raum benötigte, sondern als ein kybernetisches Zeichen daherkam: Es verbarg sich in einem Display, wie der Fernseher davor – Es konnte alles sein und besetze dennoch weniger als einen vorallem privatisierten halben Quadratmeter. Klar zuerst teilte es den Screen noch mit dem Fernseher, aber sehr schnell entstand (erstand man(n)) der Monitor. Und damit war der Quadratmeter noch privater und weil geheimnisumwoben sozial ein magischer Ort – ein „Nerd“ oder „Freakort“. Und durch dieses Eingangstor kam man interaktiv dann ins Digitale – diese Terra icognita, die aber noch nicht existierte und auch nicht klassisch entdeckt wurde und kolonalisiert wurde, sondern da, wo der freie kybernetische Raum kolonialisiert wurde, durch neue Regelwerke. Und im schlimmsten Fall dann der Kolonialismus sich dadurch vollzog, dass es einen Regelkolonialismus gab, der immer stärker wurde: immer mehr mussten analoge Regeln auch im Digitalen gelten. Dies ist die eigentliche Kolonialisierung und Disziplinierung des offenen kybernetischen Raums.

Der (Kybernetisch-)Digitale Space im Computerbereich – Approach 1 – Das Analoge digitalisieren

Räume werden letztlich durch Regeln definiert. Im Folgenden geht es nun danach zu fragen, nach welchen Regeln der entstehende digitale Space funktionierte, was er ermöglichte und verunöglichte, wie er gentutz werden konnte oder anders gesagt: Wie er missbraucht werden konnte.

Der digitale Space ist ein erstaunlicher Ort aus den verschiedensten Blickwinkeln – auch seine historische Entwicklung. Er enstand in den 50er/60er/70er Jahren. Dabei war der Output also das Display, der ‚Screen‘ minimal. Am Anfang war es lediglich Lämpchen oder ein Lineprinter. Also ein Outputgerät, das rein elektromechanisch funktionierte.

Lineprinter-Spaces

Die ersten „Programme“ waren quasi Schaltungen – meist Input-/Output-Programme und folgten damit auch den Computern als elektronische Verschaltungen – als eine Art Algorithmen in Abhängkeit von Schaltern. Die Interaktivtät war also vorgeschaltet als Parameter, wie wir sie es heute noch in Terminalprogrammen nutzen können.
Etwa Programm banner mit Parameter e beim Tool Banner, das Texte Printable macht und danach auch aufgehängt werden können. Endlospapiertext können so enstehen und aufgehängt weden.

> banner e

Spaces – Zeichen und Regelräume

Was ist das nun für ein Space? Vermutlich muss man anfangs unterscheiden zwischen 3 Arten von Spaces, die von den Usern auch wahrgenommen wurden:

Space 1: Terminal – Input (Tastatur)
Analoger Space (Wobei der Input wiederum auf dem Space 3 ausgegeben wird.
Space 2: Das eigentliche Programm im RAM
Space 3: Terminal – Output (Lineprinter anfangs danach Screens) – Analoger Space

Space 1 und 3 waren prinzipiell Spaces gebildet aus Zeichen bzw. anfangs Druckern wie LinePrintern. LinePrinter drucken einfach, all das was ein- und ausgeben wird.

Die Spaces 1 und 3 (Tastatur und Lineprinter) sind analog ‚endlos‘ – meist auch Endlospapier, das abgerissen wird. Dabei wird kein Platz überschrieben sondern immer nur angehängt, eine Art endlose analoge Rolle. Der entstehende Raum im Analogen, der besetzt wird wächst zwar immer mehr, ist aber wegen seines Papiersubstrats auch nicht besonders Platzfüllend und kann auch schnell entsorgt werden. Anders gesagt: Das Digitale benutzte nur vorrübergehend Platz für die Maschine und der Output war ‚temporär‘ analogen Platz besetzend. Sie kommen auch heute noch vorallem im Login-Bereich zum Einsatz. Jedes Programm besitzt heute noch den StdOut, das gelogt wird endlos im Hintergrund (falls die Software da was rausschreibt).

Space 2 hingegen ist von Anfang an interessant. Was die Computer simulierten in ihrem konkreten Programm aber konnte letztlich jeder mögliche Raum sein von 1d-4d etc. Eigentlich nicht anders als heute. Ein Programm konnte sogar 3D Objekte erstellen und konnte sie Raytracen. Denn der „Raum“ des Computerprogramms und seiner Möglichkeiten ist nur eine „Simulation“ – eine Untermenge jedes möglichen Raums. Und ein Raum ist letztlich nur ein bestimmtes Regelset mit Regeln. Man könnte sogar hingehen und jedes Programm als eigenen Raum bezeichnen.

Das unendliche Terminal

Mit dem Aufstieg der Grossrechner und ihren Multiusersystemen wurden immer mehr auch Monitore/Terminals als Ausgabegeräte benutzt. Dadurch konnten mehr Leute an einem Rechner gleichzeitig Arbeiten (VT-X). Diese Screens simulierten anfangs lediglich printbare Seiten und damit auch LinePrinters. Logischersweise gehört damit auch die Simulation des unendlichen Papiers dazu. Da der Screen fest bleibt, scrollt der Inhalt nach oben ins Nichts, bleibt dadurch aber auch unendlich oder anders gesagt: der Screen wird ‚überschrieben‘. Das Konzept bleibt dabei im ersten Moment gleich.

Interaktiver Space

Diese Geschichte seiner Herkunft und den technischen Bedingungen, sieht man noch heute am Dartmouth-Basic gut an. Dann kam die Möglichkeit, den Lineprinter anzuhalten und Fragen zu stellen, gut sichtbar in BASIC mit INPUT. Oder eben einfacher per „Monitor“. Direkt interaktiv und nicht nur vorgeschaltet.

CLS
10 PRINT "what is your name?"
20 INPUT "...(Enter Your Name)...", a$
30 PRINT
40 PRINT "hello, "; a$; ", I am your computer, nice to meet you."
60 END
https://en.wikibooks.org/wiki/BASIC_Programming/Beginning_BASIC/User_Input

Dadurch ist es nun möglich erste interaktive Games zu kreieren. Das bekannteste Beispiel ist bis heute natürlich Hangman (hier die Version aus BasicComputerGames). Dabei arbeitet auch dieses Spiel mit dem simulierten LinePrinter im Screen. Nach jeder Eingabe eines Buchstabens wird der ‚aktuelle‘ Hangman gezeichnet. Dabei wird per ASCII-Grafik eine ‚realistische‘ 2D Ansicht angehängt.

und es kann weitergehen. Das Spiel wäre also noch auf einem klassischen LinePrinter spielbar. Entspricht aber nicht mehr genau dem, was wir unter einem „Computerspiel“ ‚verstehen‘.

BASIC COMPUTER GAMES – Buch 1973

1973 kommt das Listing Buch BASIC COMPUTER GAMES auf den Markt und verkauft sich eine Million mal. Dabei ist der Titel offensichtlich doppeldeutig mit BASIC COMPUTERGAMES in BASIC. Zeigt aber auch auf, was der Spielbegriff damals alles beinhaltete: Von Textspielen, Haiku-Generatoren über Labyrinthgeneratoren, Simulationen bis zu ELIZA (KI). Die meisten der Spiele nutzen das klassische BASIC Commands Repertoir sind also wenn dann ASCII-Art.

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