Warum ist es so schwierig, ein abstraktes Spiel zu schaffen? (Kurzdiskussion)

„Abstrakt“ können Dinge auf verschiedenen Ebenen sein – im Visuellen, als Text etc. Abstrakt ist im ersten Moment nicht gegenständlich, ist also etwas, was nicht dem Regelwerk des Analogen gehorcht, etwas, das man aus dem Analogen Regeln nicht ableiten kann. Es ist etwas, das im einfachsten Fall einen Schlüssel braucht, um es zu entschlüsseln und im krassesten Fall abstrakt bleibt – also fern von direkten Regeln zum Analogen, was auch immer das sein mag. Hier besitzt Abstraktheit natürlich auch sein Leerstellen Potential – es kann mit Individuellem gefüllt werden etwa in der Semiose. Es muss also gelernt werden, was was ist (arbiträre Eigenschaften). Prinzipiell sind deswegen auch die meisten menschlichen kulturellen Dinge eigentlich abstrakt – angefangen von Buchstaben über Noten und Bücher bis hin zu Theorien und Modellen. Abstraktheit schwindet natürlich mit dem Erlernen der Regel für Systeme und dem Erlernen der Bedeutung etwa von Zeichen.

Aber warum überhaupt die Frage? Als Erstes gibt es relativ wenige abstrakte Games (ausser man bemerkt, wie abstrakt eigentlich alle Games sind). Dieses weitgehende Fehlen von existierenden abstrakten Spielen heisst dann konkret: Es gibt nicht viele Vorbilder dafür und Antworten auf Fragen, die dabei automatisch aufgeworfen werden beim Design. Als Zweites stellt sich die Frage, warum fehlen sie? Und als Drittes kommt diese Frage immer wieder auf, wenn man selbst dran ist ein abstraktes Spiel – hier gerade aktuell – zu designen. Denn es müsste doch einfach sein, abstrakte Games zu designen. Man kann sich all die Arbeit mit dem Setting, das Anpassen der Mechanik/Visualisation sparen.

Vielleicht findet man auch hier eine Antwort, warum die Designtechnik Mukokuseki in Games so beliebt ist: Sie ist ein Zwischenschritt zu ganz abstrakten Spielen.

Die Kurzantwort, wenn ein Spiel ‚richtig‘ abstrakt sein soll, ist: Es ist schwierig, sehr schwierig. Dies zeigt sich allein schon in den Experimenten von Designerinn* Geschichten zu erzählen rein visuell abstrakt wie etwa bei Warja Lavater. Wo immer die Frage ist: Würde man die Geschichte verstehen, wenn man die Ursprungsgeschichte = narrative Mechanik nicht kennen würden – den Stoff?

Oder wenn konkret abstrakte Spiele hergestellt werden wie im Fall eines Moduls der ZHDK.

https://lavatergames.zhdk.ch

All die Beispiele sind offene Fragen, es gab dabei keine Alternativen. Das Gegenteil ist der Fall, wenn es offen ist, wie man ein Problem lösen möchte, eben ein abstraktes Game zu entwerfen. Hier besteht immer die Möglichkeit den einfachen Weg eines Settings zu nehmen. Warum sagt also eine Stimme im Hinterkopf: „Mach doch einfach ein Setting drauf?“ Woher kommt dieses, das soll „reale Bedeutung“ haben?

Werte, Bewertungen und Bedeutungen sind letztlich System abhängig. Es gibt keine Werte und Bedeutungen ausserhalb von Systemen (oder man bezieht sich dann einfach auf das übergeordnete System). Und dies ist eines der Probleme bei abgekoppelten Systemen, sie haben per se keinen Wert, keine Bewertung und keine Bedeutung. Die Bedeutung entsteht innerhalb von Systemen in einer Differenzierung – also den Unterscheidungen in einem System. Dies ist ein anstrengender Prozess in Systemen diese Bedeutungen zu explizieren und erfahrbar zu machen. Es muss mit Belohnen und Bestrafen oder Erklärungen erfahrbar gemacht werden. In Systemen, die wir kennen, nennen wir es Weltwissen etc. Aber was tue ich wenn ich nur Formen zur Verfügung habe?

Im Spiel RIM wird gezeigt, wie * sich ein Viereck unter Dreiecken fühlt, wie die Welt anders ist. Hier wird über die Funktionalität der Form Welt erfahrbar gemacht. Allerdings referiert auch hier, das Spiel auf einen externen Rahmen, um es ‚konkreter‘ als De- und Reterritorialisierung erfahrbar im eigenen System zu machen.

Die Welt entsteht in diesem Sinn immer in der Interaktion mit dem System, der Umgebung und dadurch wird klar, wie die Welt funktioniert. Im vorliegenden Fall ist die Mechanik simpel: Es gibt zwei Arten von Quadraten, die einen verschwinden bei Berührung (gefressen werden), die anderen bringen einem selbst aus dem Spiel (sterben). Das System ist schnell erlernt, zumal auch hier Wissen aus den Systemen Welt und Spiel hinzugenommen werden kann.

Anders gesagt: Die Welt ist nicht gross, sie besitzt – wie die meisten Spiele – wenige Regeln im Vergleich zur analog sozialen Realität. Und dennoch: Warum ist es so schwierig ein abstraktes Amiga-Game zu machen. Warum ist es so schwierig etwa ein abstraktes Titelbild zu machen. Wie im Nachfolgenden versucht.

Würde es reichen einfach alle Zustände aufzuzeigen oder Spielsituationen? Und wäre dann eine Funktion des Titelbildes erfüllt? Die Werbung zu machen und der Frame für das Spiel zu sein. Die Eintrittstüre, die das Hinter erklärt – in der Mehrheit sind Titelbilder Setting-Bilder.

Oder muss selbst radikal eigentlich jede Interpretationsmöglichkeit mit Selbstbezug verweigert werden. Sollte man sich an den Dadaisten orientieren, die geradezu Techniken der Entsinnung entwickelt haben, so das Spielende* sich nciht mehr an externen Normen anhhängen können.

Im vorliegenden Fall von Squarez etwa ist es eine Frage, braucht es den Wasser-Effekt und importiert man damit nicht geradezu die Idee von einer 3Dimensionalen Szene?

Warum ist es so schwierig den neuen Möglichkeitsraum des Amigas nicht zu nutzen und nicht an die Grenze des graphisch Möglichen zu gehen. Der Positivismus als Bedürfnis im Design – auch wenn man nur die gesamte Bandbreite nutzt – ist man eben schon dabei im Alten und Obsoleten. Ist es nicht viel mehr ein grössere Herausforderung eben gerade darauf zu verzichten?

Es ist das Gegenteil von Abstrakt ein abstraktes Spiel zu kreieren. Und es zeigt vielleicht auch, warum das Urpsrungspiel gerade als Flashspiel herauskam und nicht als klassisches Computerspiel. Spass im Zwischenraum ohne konkreten Background.

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