(Neo) Ersterfahrung oder ein Aspekt der Experimentellen Archäologie, historisches ‚Systemverstehen‘ und Aufschreibesysteme [Kurze Diskussion]

Die Ersterfahrung an neuen oder auch obsoleten Objekten ist nicht zu unterschätzen. Dabei sollte man vermutlich unterscheiden zwischen damals als die Dinge „neu“ waren und einer heutigen Ersterfahrung mit alten bzw. obsolten Gegenständen (Neo-Ersterfahrung). Handelt es sich doch um zwei verschiedene Erlebnisse und Aktualisierungen des psychischen Systems. Bei der Ersterfahrung gibt es nur die Erfahrung gegen das aktuelle System (Was ist neu? Was ist die imaginierte Zukunft? Was kann ich damit tun?) gegen „Aha das ist der Gegenstand, der“ und damit verbunden schon viel Wissen. Der Gegenstand ist Teil der Kultur, des Positivismus der Geschichte. „Das musste ja so kommen“. Während die andere Position ist: Es kann vieles passieren – die Welt ist scheinbar offen! Eine wichtige Position gerade am Anfang der Digitalisierung mit den Games. Denn wohin es führt, war völlig unklar.

Dennoch gibt es Ähnlichkeiten bei der Neo- und der historischen Ersterfahrung, die selbst in der experimentellen Archäologie noch fassbar sind. Dies zeigt sich gerade bei HandsOn. Das Gerät anfassen, auf ihm Entwickeln, die Unzulänglichkeiten sehen (Von GUI bis zur Maus mit Rollen). Dinge, die damals Fortschritt waren und heute … „na ja“. Hier werden viele Dinge klar, die gar nie in wissenschaftlichen Abhandlungen auftauchen – etwa die Physis, die Abläufe, die Mühseligkeiten. Dies wird in der klassischen Geschichtschreibung ausgeklammert oder von heute auf Gestern projeziert, weil wir hier eher das Gestrige gerne als Vorläufer für das Heutige sehen und daraus eine „Geschichte“ machen. Dies ist informationstechnisch natürlich sinnvoll, ist ein solches Modell ja dann auch einfacher als die Komplexität von Vergangenheit – die eine Welt für sich ist – letztlich unhintergehbar und unmodellierbar – dafür müsste man bekanntlich das Heute überschreiben vollständig. Dennoch zeigt die selbst die Neo-Erstfahrung Dinge, die anders sind. Die Anders sind nur in diesem ersten Moment und die dadurch anfangen ein anderes historisches Subjekt definieren zu müssen und deren Folgen („C64: Wo ist der Escape-Button und was nehme ich nun als Escape-Button fürs Game?“ Eine fehlende Standardisierung bei den vielen 8Bit Computern? Und warum brauchte es keinen? Funktionaler Ersatz? Jedes PRG etwas Anderes dafür?).

Letztlich zeigt sich hier das Problem der GutenbergGalaxis und der heutigen DitgitalenGalaxis in ihrer Radikalität: Was lässt sich aufschreiben (Aufschreibesystem GutenbergGalaxis), was lässt sich digitalisieren (Aufschreibesystem Computertechnologie mit Text, Film, 3D, VR)? In der GutenbergGalaxis gab es einen bewussten Schnitt zwischen „Kann im Buch abgehandelt werden? Und was nicht.“ Also zwischen Dingen die allein vermittelbar sind via Text und Dinge die manuell vermittelt werden (wie viele Handwerke etc Eine Frage, die bis heute bleibt – kann die Komplexität von Bildhauerei per Text oder Video vermittelt werden oder ist eine massive Interaktion zwischen Lernenden und einem Wissenden nötig – gibt es Dinge die nur über Körper erfahr- und reproduziert werden können.)

// ToDo: Foucaults Ordnung der Dinge nochmals genauer Anschauen mit Blick auf Experimentelle Archeologie
// ToDo: Ersterfahrungen konsequenter protokollieren und damit unüberschreibbar machen von heutigen Ansichten

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