Demoscene – „Wirkung ist alles“ – Fake it! oder Die Algorithmenkunst ohne Source Code

Ein Teil der Demoscene war ja auch immer die Frage: Wie lasse ich etwas so aussehen, dass es so wirkt als ob. Also wie bringe ich dem Computer etwas bei, für das er gar nicht konstruiert wurde.. Man denke an die Demos auf den 8Bit Computer, die eigentlich gar nicht möglich sein sollten oder an den Atari ST mit seinen sehr beschränkten Mitteln und was es für Demos dazu gibt oder wie man alles aus dem Amiga herausholte im Gamedesignbereich, obwohl die Hardware hinter den neueren Consolen hinterher hinkte. Allgemein waren es meist Themen wie: kein Scrolling, keine Sprites, zu wenig Farben (immer mehr Farben), 3D-Darstellung von Vektor über Polygone (mit Transparenzen) bis hin zu Texturen auf Flächen und das selbstverständlich alles ohne ! 3D-Grafikkarten oder entsprechende Chips.

Computer sind Täuschungsmaschinen

Computer sind „Bildgebende Maschinen“. Das heisst eigentlich sind sie immer Fake, sie haben die Möglichkeit Bilder zu generieren nach Regeln. Sie sind damit noch viel abstrakter als etwa das Medium Fernsehen, das zumindest so tut, als sei es ‚analogisierte‘ Analogwelt – als gebe es einen direkten Abbildugnsweg vom Analogen zum Endprodukt. Auch wenn selbst ein normaler Film absolut gestellt ist – und in diesem Sinn gefaked ist. Die Küchen in Filmen sind leer, ausser dem gerade geöffneten Kästchen – der Abfall wurde vorher eingefüllt – neuer Trash quasi.

Wir lassen uns also gerne täuschen (Medien Magic Circle) oder anders gesagt ‚unterhalten‘. Wobei gesagt werden muss, beim Medium Computer war das allein wegen den Auflösungen und den Möglichkeiten am Anfang völlig klar (Audio, Visuell, planare Welten). Hier geht es um (positivistisch) eine andere Welt, die gerne so aussen würde, wie die Analoge („echte Welt“). In diesem Sinn ist es keine bewusste „Täuschung“ im Sinne von Lüge. Es war am Anfang eher abstrakt im Sinne von Comics oder einer eigenen minimalistischen Kunst. Und die Interaktivität etwa in Games machte das Medium Computer noch ‚analog‘ realer – es ist kein Film mehr, der nur abläuft. Die Interfaces sind dabei auch meist sehr viel einfacher als die analoge Welt. Es ist also fast immer ein vereinfachte Welt, die angestrebt wird.

Displays und die Screen-Realität

Nichts desto trotz bleibt der Output – und darum funktioniert das ganze auch – das Mass aller Dinge. Es ist die Realität der Demos und Games (Interface). Es ist also völlig gleichgültig, wie die Dinge entstehen. Es ist gleichgültig, ob die Hardware fast „abkratzt“ oder wie geplant gemütlich vor sich hinwerkelt (ähnlich wie beim Film). Es ist dem Produkt und Endkunden egal, ob der Rechner keine Leistung verbraucht und das ganze als/mit Sprite daher kommt oder vom Blitter erzeugt wird (und Rechenzeit kostet). Es ist dem Screen letztlich moralisch egal, ob der Programmierer* sich ausgebeutet hat, um diesen oder jenen Effekt zu kreieren. Denn gerade die Spätprodukte der meisten Computerplatfformen, waren eine massive Ausbeutung von beidem: Hardware und Menschen.

Hidden Source-Codes

All das verschwindet hinter dem Display. Und ein Grossteil der Demoscene (gerade weil der Aufwand in die Freizeit verschoben wurde. Gibt es einen Vollzeit Demoscenler*?) arbeitet auch aktiv daran, dass nicht klar wird, wie es funktioniert.

Demos könnten nämlich auch einen Teil haben, wo sie erklären, wie sie funktionieren, um verstehbar zu werden. Wie funktionieren die Algorithmen. Welche Einschränkungen wurden getroffen, um es so ‚ausehen zu lassen‘. Es wäre gut, man* zeigt, welche Tricks man verwendet:
„Das ist so und so aufgebaut!“,“Ach das sind nur 2 Bitplanes statt 4 – der Effekt ist aber derselbe oder ‚ich verwende halt eine nicht allgemeine Linienfunktion, sondern eine hochspezialisierte! Ist schneller“.

Dies passiert wenig oder ist ausgesondert. Die allermeisten Demos enthalten auch keinen Source-Code direkt in der Demo. Die Frage ist warum nicht? Schämt man sich auf, was man da aufbaut? Will man so clean sein wie möglich? Ist der Source-Code nicht so hübsch wie das Endprodukt? Warum keine Praxis in den Produtken?

Ein Durchbrechen der der 3. oder 4.ten digitalen Wand findet selten bis nie statt. Ein Durchbrechen in den Code hinein, soweit bekannt nie (oder?)

Geniekult und die Magieshow

Hier wird oft Magie* gespielt, „wow“-Effekt, um Magier* zu sein. Es wird dem Geniekult gehuldigt. Die Scener* werden nun sagen: ‚Du kannst es ja diassemblieren, wenn es dich so interessiert!‘ oder „Mich mal fragen!“. Und ja das kann man. Das Endpublikum kann das jedoch nicht. Da ist nur dieses „Wow“. Es ist ein BewundertWerden. Ist das der Deal? Ich lass mich täuschen und akzeptiere den Magic-Circle?

Oft fühlt es sich an, als wäre das Ganze eine Weiterführung der alten Mittelalterguilden, die ihr Knowhow behalten möchten. Die Frage ist nur warum? Geld verdienen gibt es nicht. Demoscenekapital schon. Weil man unter sich bleiben will it den Hardcore-Tricks? Eine Gemeinschaft? Weil am Ende der Tage jede Demo halt menschlich ist: Verstehbar und nur als Show richtig funktioniert. Ganz wie die Welten von Houdini, Copperfield und Co. Sie funktionieren alle genau da, aus dieser einen Perspektive und sonst nicht? Und selbst dann, warum soll man es nicht wissen? Ist es nicht interessant, gerade zu verstehen, wie man trickst?

Ist nicht gerade das, das wirklich interessante jenseits des Massenpublikums? Das wie wir „Trickser*“ arbeiten? Eine Frage, die sich weit auch ins Gamedesign hineinzieht.

Gesellschaftliche Perspektive

Und das ist gerade in einer Zeit wichtig, die von unehrlichen Tricksern wie einigen Politikern überschwemmt wird. Einer Zeit in der wir alle mehr und mehr die Konstruktionen verstehen müssen in denen wir leben und die uns mitkontrollieren. Wir müssen verstehen, wie einfach teilweise die Algorithmenn sind, die das, das, das und sogar das erzeugen. Wir müssen anfangen zu verstehen, dass Regelwerke mächtig sind, gerade auch im erzeugen von ganzen Weltbildern.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert