In einer Diskussion letzthin – es ging darum, dass GameDesigner in der Mehrheit nicht wirklich gut in Animation und Inszenierung sind – kam der Satz: „GameDesigner wollen alles selber machen“ von einem ursprünglichen Filmer – nennen wir ihn aus Datenschutzgründen M.
Und ja: Vermutlich ist mit der Erfindung der digitalen Welten im Kontrast zu analogen Welt (Wir sind die Zukunft) auch dieses Paradigma entstanden. Es geht um die Idee oder den Kontrast zur analogen Welt: Hier muss alles von verschiedenen Leuten erstellt werden – in den 80er Jahren sowieso. Für alles gab es Spezialisten, Verfahren, verschiedene Medien von Holz oder Metal. Es brauchte Maschinen und Knowhow zur Bearbeitung.
Das Digitale – die Befreiung vom Analogen
Und da waren diese neuen Maschinen Computer, auf denen man in der Maschine, den Inhalt der Maschine erstellen konnte. Es gab keinen Unterschied mehr zwischen Produktions- und Konsummationsmaschine. Also zwischen Kreation und Nutzung. Ausser den Zustand der Maschine. Ihr laufendes kybernetisches Zeichen alias Programm.
Alles selbstgemacht – eine Ermächtigung
Und die zwei Szenen, die am meisten darauf abstützten – Demoscene und Gamescene – waren dann genau so: Sie mussten alles neu erfinden. Zuerst die Art wie man interaktiven Raum nutzte 2D dann 3D. Wie man mit Computern in 8Bit mit Hüllkurven Musik machte. Die Schnittstellen zum Analogen waren minimal, die Welt – auch die Musik mehrheitlich uninteressiert. Diese Szene grenzte sich auch bewusst ab. Es entstand letztlich eine Kultur neu mit eigenen Werten – diese passten natürlich zum Spiel, weil sie auch sie ein Magic Circle waren. Andere Regeln – eigentlich Regeln per se.
Man(n) tat, was weil man es selbst konnte. Weil man auf niemanden angewiesen war. Das kann als eine massive Ermächtigung angesehen werden. Allerdings auch eine massive Überheblichkeit – nur in die Zukunft gerichtet (sollte sich das Versprechen erüfllen) – dann würde man „gleich gut sein“, wie alle anderen. Man(n) würde es ihnen zeigen – diesen Altmodischen.
Und man kann sich fragen – ist es nicht noch immer heute so? Denkt man nicht immer noch, man könnte nicht alles selber machen? Denn theoretisch ist es möglich! Ist dies nicht zu einem Kern der Idee von Gamedesign geworden? Aus der kleinen Idee wird durch aufblasen, was ganz Grosses?
Die Mainstream-Game-Industrie natürlich ist das Gegenteil, hier herrscht die klassische Industrie mit Aufgabenteilung und dennoch sitzen alle an derselben Maschine, einfach mit anderen Tools.
Plastik – das analog Digitale
Einzig der aufkommende Alltagsplastik war anders damals. Anstatt einer Eigenlogik zu folgen, wie Holz ist Plastik fast schon Digital oder Virtuell. Es nimmt jede Form an (Tiefziehen oder gegossen) und mit einer bedruckten Plastikfolie darauf wird daraus die Atari 2600 Konsole -sie ist es fast wie Holz. Und fast alle Computer waren aus Plastik in den 80/90er Jahre. Sie waren Form wie Inhalt – virtuell – formbar. Nicht anderes passierte als die 3D Grafiken mit dem nächsten Fake aufkamen: Statt unendlich vielen Atomen simulierte man hier Geometrie (etwas immer Abstraktes) und legte eine Texture darauf.
Der Fluch und die 80er Jahre Gesellschaft
Das Ganze ist natürlich nicht nur ein Segen, es ist letztlich auch ein Fluch. Denn der Kern ist: Alles ist eine Regel, alles ist machbar. Es gibt keine Grenzen.
Und daran angeschlossen gehört natürlich auch eine Zeit und eine Ideologie. Hier ist der Einzelne Gott als Macher oder als Konsument. Gott über eine digitale Welt. Eine Welt – als Kreator* – seiner eigenen Ideen. Die Idee des einsamen Kämpfers im Kapitalismus, der gegen alle ganz alleine kämpft. Hier liegt auch eine mächtige Idee begraben, wie sie die GameDevs öfters glaubten und tun (Notch hat doch ganz alleine …) und die sich in Spielen widerspiegelt als Heroisierung bis heute: „Ich kann alles, wenn ich nur will – eigentlich kann mich ja nichts aufhalten“. Es ist letztlich der Cyberpunk, der auch allein gegen die Welt auszieht, als Antikonsumist – als Gegenmodell.
In diesem Sinn ist die Digitalisierung eine Ermächtigungswelle, die die Ideen des (Neo-)Liberalismus massiv bedient – sie bleibt allerdings zuerst unbeachtet. Denn diese digitale Spiele, was sind sie damals schon?
// ToDo: Bezüge raussuchen, Kybernet vs vgl. Sarasin 1977.
// ToDo: Alexander Hahn und sein Experimentalfilm