(Soziale-)Systeme rund um Computersysteme

Früher waren es immer nur die Nerds und Freaks. Das war die Bezeichnung für das System Homecomputer-Begeisterte mit all den Stereotypen. Dunkle Zimmer (Spiegelungen, niedrige Bildwiederholungen waren ein Muss), vertieft in nur eine Tätigkeit (Dabei wurde gespielt, Musik gemacht, Grafiken erstellt, Texte geschrieben), Treffen mit nur „Gleichgesinnten“ meist Männern (Anti-Technikkultur Europas), schlechte Ernährung (Fast Food wurde gerade auch in Europa entdeckt und war in). Kurz und Gut diese Kids waren nicht „normal“ – oder anders gesagt: hängten zu Hause und bei Kollegen, in der Spielhalle rum, statt mit „Töffli“ beim ‚Dorftreff‘ alias Chäserei zu sein.

Fokusiert man näher wird dann immer klarer, dass diese Grobaufteilung natürlich nur ein Teil des Ganzen war, die Aussenwahrnehmung gegenüber der etablierten „Gesellschaft“. In ihrem Innern entwickelte diese Kultur durchaus wiederum Differenzen. Diese waren je nach Region ausgeprägt oder eben nicht. Denn letztlich gab es gar nicht so viele Computerinteressierte, also musst man* wohl oder übel zusammenleben. Aber: Es wurde fleissig differenziert: Consolen- vs Computerspieler und dann die einzelnen Computersysteme gegeneinander. Bekanntestes Beispiel ist sicherlich Amiga vs. Atari.

Der Amiga, der Atari ST, der C64, all das sind eigentlich eigene Systeme mit eigenen Kulturen. Das bezieht sich nicht nur auf eigene entstehende Zeitschriften (Happy Computer zu Atari ST Zeitschrift) sondern auch daher, dass die System mehrheitlich technisch inkompatibel waren. Und diese Inkompatibilität war dann auch in den Programmen und deren Formaten zu finden. Je Hardwarenaher umso besser. So gab es fast keine Austausch-Formate für Grafiken, Musik über diese Systemgrenzen hinweg. In diesem Sinn war die Spielszene noch offen, da es von vielen Spielen Ports gab. Man konnte also theoretisch über dieselben Titel reden. Das Massenmedium Game wie es damals gedieh und begann.

In anderen Bereichen war das schwierig – in der Musik etwa war der Graben tief. Da gab es den Atari ST mit seinem kümmerlichen YM-Chip und einigen Soundprogrammen mit „richtigen“ Noten. Auf der anderen Seite gab es die Mods und Tracker. Diese arbeiteten mit Samples und nutze damit die Hardware des Amigas voll aus. Der Amiga war damit auch kulturell eher ein Synthesizer. Der Atari ST wurde dann wegen seiner MIDI-Schnittstelle auch fleissig im Studiobereich genutzt, war er doch um Meilen billiger als der Mac.

Bei den Grafikprogrammen dasselbe Lied: Übergreifend gab es gerade mal Degas Elite auf dem Atari ST. Das meistbenutzte Programm war Neochrome (eine Freeware am Ende). Später kamen Zeichenprogramme wie Spectrum hinzu mit 512 Farben – allerdings nur mit Tricks möglich. Auf dem Amiga gab es Deluxe Paint und hier trumpfte dann natürlich auch der Amiga auf mit seinen 32 aus 4096 Farben oder eben einem Modi mit 4096 Farben gleichzeitig.

In Sachen 3D entstanden auch diverse Programme auf den Homecomputersystemen wie Sculpt 3D.

Bei den Textprogrammen schaute es hingegen umgekehrt besser aus für den Atari ST. Hier gab es die normalen Wordprozessoren aber auch die ersten DesktopPublishing Programme – alles frei vom Macintosh abgekupfert.

Interessant werden diese zwei Systeme, wo es konkrete Schnittstellen gab also an Spielabenden oder noch direkter: In Computerclubs. Hier prallen dann die Welten konkret aufeinander, immer mit dem Versuch sich zu Differenzieren und zu erklären, wer technisch besser ist. (Nachweisbar etwa im CAC Zürich).

Mehr dazu: https://en.wikipedia.org/wiki/Amiga_productivity_software

ToDo: Untersuchung dieser Subsystem und Kulturen. Das Betrachten dieser Systeme als eigenständige Gebilde. Die Frage nach den Schnittstellen, Überschneidungen.

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